Gala Magazin 2021 Engadin

81 WWW.BANE-PEST.CH Die graue Wand Es hat durchaus eine meditative Komponente, wenn man Fabian «Bane» Florin bei seiner Arbeit beobachtet. Mit ei- nem beruhigenden Zischen zeichnen die Aerosole aus der Sprühdose filigrane Linien und kräftige Flächen auf eine kahle Betonwand. Immer wieder hält «Bane» inne, tritt einen Schritt zurück und lässt die Szenerie auf sich wirken… Es war ein langer, mitunter äusserst dunkler Weg, der den 38-jährigen Churer Street Art Künstler Fabian «Bane» Flo- rin zu seinem Schaffen geführt hat. 14 Jahre lang war nicht Farbe sondern die Drogensucht sein ständiger Begleiter. Eine Sucht, die «Banes» Alltag in graue Nebelwolken hüll- te, ihn erst auf die Strasse, dann in die Beschaffungskrimi- nalität und schliesslich direkt vor den Richter führte. Justitia stellte Fabian Florin schliesslich vor die Wahl: Gefängnis oder Langzeittherapie. Bane, für den die Strasse und der Drogenpark mittlerweile zum Zuhause geworden waren, entschied sich für den beschwerlichen Weg der Therapie und stellte sich damit seiner Sucht, den Problemen und der mitunter grössten Angst: Auf dem Weg ans Ziel zu zerbre- chen. Dass sich einem auf dem Weg der Sucht immer wie- der Hindernisse in den Weg stellen, war Fabian klar. Doch dass ausgerechnet eine Betonwand im Zürcher Oberland den Wendepunkt in «Banes» Leben bilden würde, damit hätte weder er noch sonst jemand gerechnet. Minuten der absoluten Stille. Im Hintergrund ist lediglich das Rauschen der Autobahn zu hören. Dort, wo Menschen vom Nirgendwo ins Nirgendwo fahren ohne zu wissen, dass einen Steinwurf entfernt gerade ein Wandgemälde entsteht, welches als das bislang grösste der Schweiz gel- ten wird. «Bane» betrachtet konzentriert die ersten Linien an der kahlen Betonwand und fügt in seinen Gedanken Farbflächen, Schattierungen und Akzentuierungen dazu. Ein letzter Zug an der Zigarette und Bane tritt wieder an die Wand und malt weiter. Da stand er nun, vor dieser grauen Betonwand inWetzikon, welche für einen Graffti-Wettbewerb freigegeben worden war, für welchen er sich während seiner Drogentherapie im Zürcher Neuthal anmelden durfte. Jahre war es her, seit er das letzte Mal eine Spraydose in der Hand hielt. Fabian begann zu sprühen und da war es: Das Glücks- gefühl, das er seit Langem nicht mehr erfahren durfte. Das Gefühl, das ihm die Drogen genommen hatten. Sind es Minuten, die vergangen sind? Stunden? Wochen? Zeit ist kein relevanter Wert in Fabian Florins Arbeit. Alles was zählt, ist die Botschaft, die das fertige Wandgemälde aussendet. Und was die Betrachter des Bildes darin sehen. Bevor Fabian das fertige Bild aus der Distanz betrachtet führt er die Spraydose ein letztes Mal über das Gemälde – Bewegungen, die denen eines Dirigenten gleichen. Nur spielt hier die Farbe die ganz grosse Musik. Fabian «Bane» Florin ist Churer Street Art Künstler, Visio- när, Überlebender. Mit seiner Kunst hat er einen Ausweg aus seiner persönlichen Misere gefunden und lässt heute Menschen rund um die Welt an all der positiven Energie teilhaben, die ihm seine Arbeit vermittelt. «Banes» Schaf- fen zeigt sich unter anderem in Form von bewegenden Gemälden in Tschernobyl über Werke in Shanghai bis zu Aufträgen fürs Badrutt’s Palace in St. Moritz. Seine Lein- wandbilder und Fotografien werden regelmässig in zahl- reichen Galerien ausgestellt und sind der Tatbeweis dafür, dass bildende Kunst nicht nur heilenden und vor allem weltumspannend verbindenden Charakter hat. www.bane-pest.ch Fabian «Bane» Florin | Photo: Jen Ries

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