18 LARISSA GASSER ist immer auf Reisen gewesen, um andere Kulturen und Länder kennenzulernen. Aber, fügt sie hinzu, »im Engadin bin ich zu Hause. Es ist unvergleichlich schön hier.« Man kann ihr nur zustimmen. Wir stehen auf dem Golfplatz in Zuoz, Abschlag erstes Loch. Rechts und links die Weite des Tals. Die Vögel zwitschern vergnügt in den Bäumen. Sie bereitet sich vor. Tänzelt noch einmal kurz, um sicher zu stehen, schlägt ab – und: Der Ball fliegt und fliegt und fliegt geradewegs Richtung Green. Zufrieden? Ja, sagt sie, der erste Schlag nimmt Dir ein bisschen den inneren Stress. Aber das Schöne ist ja, dass Du einen zweiten Schlag hast und immer eine neue Chance bekommst – beim Snowboarden genauso wie beim Golfen. Und noch etwas verbinde die beiden Sportarten: «Du fährst dein eigenes Rennen und spielst dein eigenes Spiel. Und für beides brauchst Du eine mentale Stärke.» Nachdem sie am fünften Tee abgeschlagen hat und ihren Ball verzweifelt im Rough sucht, wirft sie einen neuen Ball auf den Boden und spielt mit diesem weiter. Man merkt ihr an, dass sie ein kleines bisschen gereizt ist und für einen kurzen Augenblick ihre Ruhe verliert. Und auch dieser Ball ist nicht ihr Glücksbringer. Er landet im See vor dem Green. Umso grösser ihre Freude, dass der nächste Ball nicht einmal einen Meter neben dem Loch landet. Es kommt oft anders, als man denkt, sagt sie, das sei das Leben. Eine Erkenntnis, die sie nach einem Unfall hatte. Eine Zäsur. «Da habe ich gelernt, dass es auch andere Dinge gibt, die mich erfüllen, meine Freunde, meine Eltern.» Berührend, wie sie von ihnen spricht, aber auch nicht verwunderlich. Eltern, die sich für ihre Kinder jeden Morgen ein kleines Abenteuer überlegen, machen nicht viel falsch. »Das konnte der Geruch eines blühenden Flieders sein, eine Wanderung oder, wenn wir in einer Alphütte »die grösste Cremeschnitte der Welt assen«. Jeden Morgen hatte sie etwas, auf das sie sich freuen konnte. Und Freude sei auch heute noch der Motivator für alles. Wenn andere von Disziplin beim Sport sprechen, dann spricht Larissa Gasser von Freude.
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